SLOW FASHION
MOVEMENT

„SLOW FASHION“ – DIE ENTSCHLEUNIGUNG
DER MODE

 

 

TEXT Miriam Barbro Wolf

Slow Fashion will das Tempo der Produktion verlangsamen, die katastrophalen Arbeitsbedingungen vieler Textilarbeiter*innen verbessern und ein nachhaltiges Konsumverhalten fördern.

DIE SCHATTENSEITEN
DER MODE

Nicht zuletzt durch die rasante Entwicklung der Fast Fashion und des billigen Massenkonsums seit den 1990er-Jahren bringt die Produktion von Mode und Textilien gravierende Probleme mit sich. Der ökologische Fußabdruck ist in Deutschland mit 4,6 gha (globaler Hektar) pro Person weit höher als im weltweiten Vergleich. Jede_r Deutsche konsumiert durchschnittlich allein 15 kg Kleidung pro Jahr. Um den Massenkonsum zu befriedigen, wird immer mehr produziert. Im 14-tägigen Rhythmus hängen neue Kollektionen in den Läden zu stetig sinkenden Preisen. Die Textilien verlieren dabei an Qualität und landen schneller im Müll. Die rund 9 kg Kleidungsmüll pro Jahr bestehen nicht nur aus kaputten Stücken, sondern auch aus Fehlkäufen oder Teilen, die schnell „aus dem Trend“ kommen. Auch hier liegen wir Deutschen über dem Durchschnitt.

SLOW FASHION MOVEMENT

Nachhaltigkeit in Mode und Textil ist ein wichtiges Thema, das viele Initiativen, Kampagnen und Institutionen mit verschiedenen Aktionen vorantreiben. So will auch die Wanderausstellung „Fast Fashion. Die Schattenseiten der Mode“, die das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg 2015 eröffnete, zu einer erkennbaren Wende beitragen. Die Schau vermittelt mit klärenden Inhalten und ernüchternden Bildern die sozialen und politischen Auswirkungen der Modeindustrie, die auf billige Massenware setzt. Im Zusammenhang der Ausstellung zeigt das Slow Fashion Labor Alternativen auf, die von nachhaltigen Materialien und zukunftsfähigen Technologien bis hin zu neuen Designansätzen und Konzepten reichen. Sie sollen ein reflektiertes Konsumverhalten anregen.

Angelehnt an andere Langsam-Bewegungen (z.B. Slow Food) steht hier Genuss gepaart mit Achtsamkeit und Verantwortung im Fokus. Slow Fashion ist ein ganzheitlicher Bewusstseinswandel, es geht um Qualität, kulturelle Vielfalt, Identität, Wertschätzung, Umdenken und Verantwortung gegenüber Mensch, Tier und Umwelt. Geprägt wurde der Begriff 2007 durch Kate Fletcher, britische Design-Aktivistin und Professorin am Centre for Sustainable Fashion des London College of Fashion. Slow Fashion liefert ihrer Meinung nach einen individuell anwendbaren Ansatz mit vielen Facetten und sie sieht Nachhaltigkeit als ein offenes Konzept. Sie etablierte die Begriffe „reuse“, „reduce“, „recycle“ als Grundgedanken des nachhaltigen Konsums. Denn neben nachhaltig hergestellten Stoffen und Fasern wie TENCEL® und SeaCell® sowie zeitlosen, multifunktionalen Designs und neuen Schnitttechniken wie Zero Waste bietet gerade die kreative Wiederverwendung von gebrauchter Kleidung alternative Konsumpraktiken.

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Slow Fashion ist ein ganzheitliches Konzept mit vielen ethisch vertretbaren Alternativen. Ziel ist ein bewusstes, ressourcenschonendes Verhalten und die Reflektion des eigenen Konsumverhaltens. Dabei gibt es natürlich noch viele Widersprüche. Schließlich steigen durch den wachsenden Kauf von Eco Fashion Produktion und damit auch der Konsum an, wenn auch bei Eco Fashion in geringerem Ausmaß als bei konventioneller Kleidung. Bio-Baumwolle verbraucht immer noch viel Wasser, zudem wäre das Einkleiden aller Menschen mit 100%iger Bio-Baumwolle gar nicht möglich. Viele neue nachhaltig produzierte Materialien sind Nischenprodukte und viele alternative Systeme sind nicht auf den Massenkonsum anwendbar. Slow Fashion bedeutet Balance und verantwortungsvolles Leben. Gleichzeitig bietet es die Chance, wieder mehr zu sich selbst und einem eigenen Stil zu finden. Schon Coco Chanel fand, dass es mehr auf den eigenen Stil ankommt und nicht auf den ständigen Modewechsel.

SLOW FASHION ABC

Eco-Fashion

Alle Kleidungsstücke werden umweltfreundlich, sozialverträglich und fair hergestellt. Weltweit entstehen immer mehr modisch anspruchsvolle grüne Modemessen.

Support your Locals

Die Mode wird regional aus vorhandenen und nachhaltigen Materialien hergestellt. Die Produktionskette ist kurz, die einzelnen Schritte von der Faser bis zur Verarbeitung sichtbar.

Handmade

Durch die textile Massenproduktion in fernen Ländern droht unsere eigene textile Kultur zu verschwinden. Eine Rückbesinnung auf handwerkliche Traditionen und die Nutzung von kleinen Manufakturen gehört ebenso zur Slow Fashion wie die Do-it-yourself-Bewegung (DIY).

Reuse

Vintage- und Secondhand-Mode verlängern den Lebenszyklus von Kleidung und sind somit besonders nachhaltig. Im Sinne der Sharing Economy können Kleider getauscht, geteilt, verschenkt oder geliehen werden, wie etwa bei der Kleiderei in Köln und Hamburg oder auf den zunehmend beliebten Kleidertausch-Partys.

Repair

Fast jedes Teil kann repariert werden. Dazu gibt es Repair-Cafés in vielen Städten, die die Reparatur-Kultur wiederbeleben und den Konsumgütern eine längere Lebensdauer bescheren wollen.

Reduce

Der achtsame Umgang mit dem eigenen Konsum- und Wegwerfverhalten kann ebenfalls zur Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks beitragen. Und nicht zu vergessen der kritische Blick in den eigenen Kleiderschrank: Weniger ist mehr!

Re- & Upcycle

Anstatt Altkleidung zu entsorgen, kann man sie an spezielle Upcycling-Designer_innen geben oder selber kreativ werden mithilfe von DIY-Magazinen und Online-Tutorials …oder man kann selber kreativ werden…

BILD Michelangelo Pistoletto, “Venus of Rags”, 1964, 1974, FOTO © Tate, London